40-jährige Blau-Fichte für den 40. Weihnachtsmarkt

Die spannende Geschichte von der Aufstellung eines Baumes und warum es mit dem ersten Baum nicht klappen konnte.

So gegen 11 Uhr sollte er kommen - der Baum. Genauer gesagt, jener Weihnachtsbaum, von dem gesagt wurde, dass er alle vorherigen, die je auf dem Kirchplatz gestanden hatten, übertreffen werde. Er werde auch nicht mehr auf dem Podest oberhalb der Treppe stehen, wo er bis dato immer hinter der Weihnachtsmarktbühne verschwunden war. Gut, dem hatte man ja schon in den beiden Vorjahren dahingehend ein wenig abgeholfen, dass man die Bühne durch eine Klarsichthülle durchsichtig machte. Aber nun sollte der Baum doch besser da stehen, wo auch der Kirmesbaum seinen Platz hat. Fast genau in der Mitte des Kirchplatzes also.

Alles war vorbereitet. Auch die Haltverbotsschilder, die für den halben Kirchplatz galten, waren längst aufgestellt. Seit 8 Uhr schon durfte am vergangenen Mittwoch auf dem abgesperrten Teil nicht mehr geparkt werden. Ebenso war das Halten auf der Hauptstraße zwischen Stein- und Siegburger Straße vorübergehend verboten - beidseitig sogar. Der Hipo vom städtischen Ordnungsamt war beauftragt, die strikte Einhaltung des Verbots zu überwachen.
Über den zu erwartenden Baum wurde gemunkelt, er sei so groß, er sogar rekordverdächtig sei, wenigstens für Bendorf. Das wäre auch nötig, sagten die Leute, da der Weihnachtsbaum im vergangenen Jahr ausgesprochen mickrig gewesen sei. Kein Aushängeschild sei das gewesen für einen Weihnachtsmarkt, der sich über viele Jahre zu den größten seiner Art am Mittelrhein zählen durfte.

Das Wissen darum, dass das Heranschaffen und Aufstellen eines Baumes von derartigen Qualitäten kein Pappenstiel ist, ließ die wartenden Menschen auf dem Kirchplatz deshalb auch dann noch ruhig ausharren, als es halb 12 Uhr wurde. Nur der Hipo wurde langsam nervös, pendelte ständig zwischen Platz und Hauptstraße hin und her und wartete auf die Nachricht aus Mülhofen, dass sich der Lastzug in Bewegung gesetzt habe.
Richtig, aus dem Stadtteil Mülhofen sollte der Baum kommen; gleich bei der Kirche in der Clemens-Maria-Hofbauer-Straße, die derzeit gerade ausgebaut wird, war sein Revier. Baumpfleger Daniel Wirges hatte sich bereiterklärt, die Aufgabe ehrenamtlich zu übernehmen. Für den Transport wollte die Bendorfer Spedition Normann sorgen, ebenfalls kostenlos versteht sich. Ein Feuerwehrfahrzeug stand ebenfalls bereit, die ein Wagen der Polizeiinspektion Bendorf auch. Und ein entsprechend großer Autokran natürlich.

Als es aber vom Kirchturm zwölfmal schlug, brachte einer die Nachricht mit, der bereits geschlagene Baum sei derart groß, vor allem aber breit, dass er gar nicht über die innenstädtischen Straßen herbeigeschafft werden könne. Es müsse daher jetzt ein zweiter, nicht ganz so mächtiger Baum geschlagen werden. Auch wenn der zweite Baumkandidat in unmittelbarer Nachbarschaft seines nun gänzlich umsonst gefallenen Kollegen stand, würde das wohl eine Weile dauern.
"Darüber kann es ja dunkel werden", folgerte einer der Schaulustigen und machte sich vom Acker. Auch zwei Damen zogen es vor, sich lieber um das Mittagessen zu kümmern mit den Worten: "Es reicht auch noch, wenn ich den Baum morgen sehe". Das hätte wahrscheinlich der Hipo auch ganz gerne gesagt, denn auf ihn luden nun doch zunehmend frustrierte Autofahrer, die keinen Parkplatz fanden, ihren Ärger ab. "Abgesperrt, obwohl nix passiert".

Derweil wurde die Nachricht einer zweiten Baumfällung nicht nur bestätigt, sondern auch die Begründung dafür mitgeliefert: Nachmessungen hatten ergeben, dass der Baum durch seine stattliche räumliche Ausdehnung die Hauptstraße mit der bereits hängenden Weihnachtsbeleuchtung nicht schadlos hätte passieren können. Im Klartext hieß das: sich in Geduld zu fassen oder eben heimgehen.

Die Glocke schlug halb eins und dann ein Uhr vom Kirchturm. Der Hipo, der nun schon Gott weiß wie oft mit den Männern in Mülhofen telefoniert hatte, zuckte weiter nur mit den Schultern: "Aus Mülhofen nichts Neues", gab er lakonisch Auskunft. "Der Lastzug ist noch immer nicht losgefahren".
Doch dann kam wie aus dem Nichts heraus der große Autokran und mit ihm Bewegung in die Szene auf dem Kirchplatz. Nicht viel später verkündete Blaulicht die Ankunft des Lastwagens mit dem Baum. So einfach zum Kirchplatz einbiegen konnte der Lastzug freilich nicht, Andreas Normann musste ihn erst rückwärts in die Steinstraße bugsieren und dann war die Fahrt für den letzten Akt der Vorstellung frei.
Alles weitere war dann Routine, auch wenn das Versetzen des Baumes in die Verankerung kein Kinderspiel war. Im Detail saß wieder einmal der Teufel, aber am Ende war es geschafft. Bürgermeister Michael Syré danke allen Helfern für ihre tatkräftige Unterstützung. Der Baum ist in der Tat ein Prachtstück und ein würdiger Mittelpunkt für den Jubiläums-Weihnachtsmarkt.

Übertroffen werde seine Schönheit nur noch von dem Baum, der schon zuvor am Stadtpark aufgestellt worden war, meinten einige Bürger. Gleichwohl, Weihnachten kann kommen.

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